Seit mehreren Jahren schon besteht die schöne Tradition, dass sich Ende September alle Generationen Baumgartens gemeinsam auf den Weg nach Mariazell machen, um dort ihre Anliegen darzubringen. Auch heuer wurde die Pfarrwallfahrt wieder ein voller Erfolg und der neue Teilnehmerrekord war ein starkes Zeichen der Gemeinschaft unserer Pfarre.
Nicht alle Tage passiert es einem als Homepage-Redakteur, dass man am Weg zur Arbeit in der U-Bahn um 7 Uhr Früh vom Pfarrer angerufen wird: „Hast du ein Fotostativ, das drei Beine hat und das man vor den Altar stellen kann?“ Diese Frage aus dem Mund unseres ästhetikbewussten Clemens Abrahamowicz lässt einen natürlich erst einmal verwundert zurück. Wofür dieses Utensil in der Vorbereitungsphase der Pfarrwallfahrt 2013 gesucht wurde, sollte sich erst ebendort herausstellen.
„Wie sieht es aus? Haben sich genügend Leute angemeldet?“, wird der Pfarrer gefragt und als er die Zahl nennt, führt man es zuerst auf ein Missverständnis infolge der lauten U-Bahn-Geräusche zurück. Aber es ist wahr! 156 Frauen, Männer, Jugendliche und Kinder haben sich dazu entschieden, sich unter dem Motto „Baumgarten gemeinsam unterwegs“ auf den Weg zum berühmten Wallfahrtsort Mariazell zu machen. Das sind noch einmal fast 30 Personen mehr als beim Allzeitrekord des Vorjahres. Clemens Abrahamowicz erzählt von einer hektisch telefonierenden Pfarrsekretärin, die ob des ungeahnten Ansturms noch schnell einen vierten Reisebus organisieren muss. „156, das könnte zum Problem werden“, meint der Pfarrer lakonisch, „aber solche Probleme hab ich gern!“ Durchs Handy hört man förmlich den zwinkernden Smiley, den er als Neo-Facebook-Nutzer so gern verwendet.
Am Samstag darauf, es ist der 28. September, ist es dann so weit: Gegen 7 Uhr treffen aus allen Richtungen immer mehr Menschen am Kirchenvorplatz ein. Die weit verbreitete Schlaftrunkenheit wird schnell durch die Wiedersehensfreude mit Pfarrfreunden beiseitegeschoben. In weiser Voraussicht hat sich das Planungsteam diesmal ein Farbcode-System überlegt. Je nachdem, für welche der fünf Varianten Kinder, Jugend, Familien, Wanderer oder Senioren man sich angemeldet hat, erhält man ein Etikett in der entsprechenden Farbe auf die Brust und den eigens von Kaplan Pawel Marniak angefertigten Reiseführer geklebt. Die fünf Hauptverantwortlichen der Gruppen sind mit ihren auffälligen Hüten sofort als kompetente Ansprechpersonen erkennbar und mithilfe der Farben weiß man auch gleich, welcher der vier wartenden Busse der richtige ist.
Zwei Stunden später und erstmals ohne gröbere Buspannen finden sich die gut gelaunten Baumgartner im Fadental ein. Der Regen bleibt Gott sei Dank den ganzen Tag aus, doch zu Beginn fühlt sich die Luft noch recht frisch an. Zum Aufwärmen wird gleich einmal ein beschwingtes Lied gesungen, zu dem nicht nur die Kinder die vorgezeigten Bewegungen mitmachen. Bei dieser kleinen Andacht präsentiert der Kaplan eine große Pinnwand, die noch den ganzen Tag über mitwandern wird. Darauf zu sehen ist der Weg und – dargestellt durch bunte Fußspuren – die jeweilige Position der Gruppen. Eine besondere Mühe hat sich auch Christine Szedenik gemacht, die für jeden Teilnehmer ein Begrüßungskeks in Form einer Fußspur gebacken hat.
Um 11 Uhr treffen in der mit ihren färbigen Glasfenstern jedes Mal wieder sehr stimmungsvollen Bruder-Klaus-Kapelle erneut alle aufeinander. Dieser Gottesdienst, der von Kaplan Pawel Marniak zelebriert wird, ist ganz besonders für die Kinder aufbereitet. Die ganze erste Bankreihe links und rechts ist nur durch die zahlreichen Mädchen und Buben gefüllt. Doch auch für die anwesenden Erwachsenen ist das Theaterstück, das einige junge Talente professionell aufführen, äußerst lehrreich. Hat es doch die Gründungslegende von Mariazell zum Inhalt. Sie handelt von einem Mönch namens Magnus, der im Jahr 1157 in die Mariazeller Gegend gesandt wird. Mit dabei hat er eine Marienstatue, die ihn auf seinem abenteuerlichen Weg, auf dem er auch mit Räubern konfrontiert wird, begleitet. Schließlich versperrt ihm ein Felsblock den Weg, doch mithilfe der Muttergottes gelingt ihm die Weiterreise. Am Ziel angekommen, baut Magnus eine Zelle, die als Kapelle und Unterkunft dient – Maria in der Zelle, das heutige Mariazell.
Nach einem Gruppenfoto, das angesichts der vielen anwesenden Baumgartner natürlich jeden Rahmen sprengen würde, teilt sich die Gesellschaft zur Mittagszeit in fünf Varianten. Unter der bewährten Leitung von Fritz Erasim hat sich das Vorbereitungsteam auch diesmal wieder einiges überlegt, damit die Strecke für alle – angefangen vom vier Monate alten Baby Jakob bis zum ältesten Senior – attraktiv ist und in schöner Erinnerung bleibt.
Die Senioren genießen ihr Mittagessen bei der mittlerweile schon sehr bekannten Wuchtelwirtin nahe der Kapelle und machen sich dann mit dem Bus auf den Weg Richtung Basilika. In Mariazell bleibt noch genügend Zeit, um durch den Ort zu schlendern, einen Kaffee zu trinken und das eine oder andere Souvenir zu besorgen.
Währenddessen haben es auch die Jungfamilien sehr gemütlich. Sie verbringen den Nachmittag am Erlaufsee, wo die Kleinkinder die Natur genießen und spielen können und die Mamas und Papas bei entspannten Unterhaltungen zusammensitzen. Diese Variante wird heuer erstmals angeboten und wird dankbar angenommen.
Die Wanderer legen den weitesten Weg zu Fuß zurück. Ihre Strecke führt sie über den Habertheuer Sattel. Junge Erwachsene sind ebenso dabei wie ältere Semester, die fit und sportlich geblieben sind. Begleitet werden sie von Pfarrer Clemens Abrahamowicz, der in der Halbzeit auch eine Andacht in der freien Natur abhält.
Rasant geht es unter der Leitung des Kaplans bei den Jugendlichen zu. Viele haben sich schon lange auf das Rollerfahren gefreut und wie erwartet macht es jede Menge Spaß, den Berg hinunterzusausen. Ihr Weg führt sie über die Gemeindealpe und natürlich legt auch diese Gruppe eine schöne Strecke zu Fuß zurück.
Die Eltern aller Schulkinder sind heuer ganz besonders entspannt, werden doch ihre Töchter und Söhne liebevoll vom Jungscharteam betreut. Nach dem gemeinsamen Picknick gibt es ein bewegungsintensives Geländespiel, das mit der in der Kapelle gehörten Mariazeller Geschichte zu tun hat. Rund eineinhalb Stunden sind die fröhlichen Mädchen und Buben dann noch zu Fuß unterwegs, ehe sie in Mariazell mit einem Eis belohnt werden.
Kurz vor 17 Uhr finden sich alle fünf Gruppen beim Gnadenaltar in Mariazell ein, der wie immer je nach Geschmack als wunderschön oder kitschig wahrgenommen wird. Die von der Orgel begleiteten traditionellen Marienlieder dürfen hier nicht fehlen, zwischendurch gibt es aber auch immer wieder moderne Lieder für die jüngeren Teilnehmer, wie das beliebte „Heilig sein“, das so manchen vorbeikommenden Pilger wieder zum Staunen bringt.
Pfarrer Clemens Abrahamowicz nimmt in seiner Predigt auf die Worte von Papst Franziskus Bezug und meint: „Reichtum in einem verschlossenen Herzen bringt Unfrieden.“ Dann löst sich endlich das Rätsel auf, wozu er unbedingt ein Fotostativ im Altarraum aufstellen wollte. „Die Gemeinschaft, das Wort Gottes und die Sakramente, alle drei sind notwendig, damit unser Leben stabil steht.“ Ein Bub demonstriert, was passiert, wenn jemand zum Beispiel glaubt, er könne sich mit Gott alles alleine ausmachen und würde die Gemeinschaft nicht brauchen. Das Stativ fällt um, sobald eines der drei Standbeine fehlt. Viele sind mit einem Anliegen nach Mariazell gekommen. All diese Sorgen und Bitten oder vielleicht auch Dankgebete werden im Rahmen der Messe laut oder still vor Gott getragen. „Wir sehen uns gleich im Himmelreich!“, schließt Pfarrer Abrahamowicz den Gottesdienst.
Im gleichnamigen Gasthaus lassen die Baumgartner den schönen Tag bei einem Glas Wein und einem herzhaften Essen gemeinsam ausklingen. Jung und Alt erzählen einander von ihren Erlebnissen in den
verschiedenen Pilgergruppen, es wird gelacht, geplaudert und noch eine Weile gemütlich zusammengesessen. Auf dem Heimweg überkommt viele im Bus eine angenehme Müdigkeit. Viel Platz zum Schlafen
bleibt nicht, sind doch alle vier Busse fast bis auf den letzten Platz gefüllt. Kurz möchte man nörgeln, doch dann erinnert man sich an den Anruf des Pfarrers in der U-Bahn und ein Lächeln
entkommt einem: Solche Probleme haben wir doch gerne!