“Stellen wir uns das einmal vor: unser Bundespräsident reitet auf dem Esel daher. Unmöglich, oder?“ Ein Schmunzeln ging durch die Reihen, als Pfarrer Clemens Abrahamowicz der vor dem Klimtheim versammelten Gemeinde mit diesem Vergleich klar machte, dass Jesus genau das getan hat: er, der als Mensch zu uns gekommen ist, ist damals auf einem Esel in die Stadt eingezogen und hat sich selbst erniedrigt. Noch jubelte ihm die Menge „Hosanna“ zu, nur wenige Tage später würden sie ihn kreuzigen lassen. Am Palmsonntag 2010 gedachte Baumgarten der Geschehnisse von damals.
Wie immer startete die Prozession in der Felbigergasse, nachdem die vielen Menschen, die auch diesmal trotz Zeitumstellung gekommen waren, mit riesigen Palmkätzchenzweigen ausgestattet worden waren. Die besondere Attraktion für die zahlreichen Kinder waren auch heuer die beiden Esel, die die Pfarrgemeinde Richtung Kirche führten. Während die Erwachsenen Prozessionslieder sangen, scharrten sich die Mädchen und Buben an diesem überraschend sonnigen Vormittag dicht um die grauen Tiere.
Auch schon fast traditionell klopfte Pfarrer Abrahamowicz dann mit dem schweren Vortragekreuz gegen das Kirchentor, woraufhin sich dieses öffnete. „Wie ist das jetzt gegangen?“, konnte man ein paar Kindergartenkinder erstaunt fragen hören. Um sich dieser und vielen weiteren Fragen zu widmen, gab es – diesmal sogar geteilt in zwei Altersgruppen – einen eigens liebevoll vorbereiteten Kinderwortgottesdienst.
Etwas gänzlich Neues konnten währenddessen in der Kirche nicht nur die anwesenden Volksschulkinder, sondern die gesamte Pfarrgemeinde erleben: erstmals bestand die traditionell am Palmsonntag in ihrer Langfassung vorgesehene Passion nicht nur aus dem Herunterlesen des Textes. Das Proben am Vortag hatte sich sichtlich gelohnt, denn die an unterschiedlichen Stellen der Kirche postierten Lektoren brachten eine erfrischende Emotionalität in ihre Stimme, besonders das von der Orgelempore gerufene „Kreuzige ihn!“ war ein beeindruckendes Erlebnis, das ein bisschen erahnen ließ, wie es wohl damals vor 2000 Jahren gewesen sein muss.
Untermalt wurde die Passionslesung nicht nur von einfühlsamen Bildern auf der Leinwand und passenden Strophen der Kinderpassionslieder. Ein besonderer Blickfang war das von Kaplan Pawel Marniak angefertigte zwei Meter hohe Holzkreuz, zu dem die auf Bänken direkt vor dem Altar sitzenden Mädchen und Buben im Lauf des Wortgottesdienstes passende Gegenstände wie Brot und Wein, eine Dornenkrone uvm. bringen durften. Durch nach und nach von den Schulkindern vorgebrachte rote Teelichter erstrahlte das Auferstehungssymbol schließlich von oben bis unten.
Besonders stark war das Zeichen, dass diese Kinder gemeinsam mit den inzwischen hinzugekommenen Kindergartenkindern bei der Gabenbereitung setzten. Die jungen Gemeindemitglieder nahmen einander an den Händen und brachten – so wie es die Erwachsenen am Karfreitag tun – in einem langen Prozessionszug Rosen nach vorne, die das rund um das Lichterkreuz entstandene Bild abrundeten.
Vom letzten Abendmahl mit den Jüngern über die Verhaftung, den beschwerlichen Kreuzweg bis hin zur brutalen Kreuzigung und dem Tod Jesu erzählte das Evangelium an jenem Palmsonntag. Die ganze Gemeinde – von den Babys bis zu den Senioren und jeder in seiner persönlichen Art und Weise – feierte diesen Tag als Start in die Karwoche, die mit dem größten Fest der Christen ihren Höhepunkt finden wird. Schön, dass es einigen engagierten Pfarrmitgliedern gelungen ist, die wichtige Botschaft des Palmsonntags für alle Generationen hautnah erlebbar zu machen! Und wie sagte Pfarrer Abrahamowicz in seiner Predigt so schön: „Wenn man den Menschen verbieten würde, Gott zu loben, es wäre zwecklos – die Steine würden es tun!“