Sommergespräch: Kaplan Pawel Marniak

Baumgarten bekommt ab 1. September 2009 einen neuen Kaplan. Der aus Polen stammende Priester Pawel Marniak ist 33 Jahre alt und gehört zur Gemeinschaft der Pallottiner. Zu den Hauptaufgaben dieser „Gesellschaft apostolischen Lebens“ gehören die Betreuung von Jugendhilfeeinrichtungen, Mission in allen Teilen der Welt und die Förderung des Laienengagements in der Kirche.

Unser Redakteur Rafael Riedler hat den sympathischen jungen Mann in seiner derzeitigen Arbeitsstelle, dem SMZ Süd, zum Sommergespräch getroffen. Unterwegs zum Café des Krankenhauses begegnen wir einigen älteren und kranken Menschen, die Pawel Marniak sehr zu schätzen scheinen, immer wieder klingelt mit dem auch in Baumgartens Jugend angesagten Klingelton „Coin-operated Boy“ sein Handy. Der gesprächige Priester gibt sich leger mit modischem Hemd und cooler Sonnenbrille und begrüßt die Kellnerin mit den Worten „Hallo, einmal heiße Liebe bitte!“.


Im Sommerinterview erfahren wir, wieso Pawel Marniak Starmania liebt und Fußball spielen hasst, welche Bedeutung „Christ Sein“ für ihn hat und warum Besuche bei Kranken eine ganz besondere Erfahrung sind. Und unser Kaplan erzählt uns, weshalb er verliebt in Wien ist und warum Baumgarten gut gegen Nordwind ist.


Herr Kaplan, vielen Dank, dass Sie sich Zeit genommen haben für ein Interview! Zu Beginn würde ich Sie bitten, sich einmal kurz vorzustellen.


Ich heiße Pawel Marniak, ich gehöre zur Ordensgemeinschaft der Pallottiner und bin 33 Jahre alt. Aufgewachsen bin ich in Polen, wo ich auch das Studium abgeschlossen habe – in der Nähe von Warschau. Ich war bei den Pallottinern im Priesterseminar und wurde 2002 zum Priester geweiht. Im Jahr 2005 bin ich nach Österreich gekommen, d. h. seit vier Jahren lebe und arbeite ich in Österreich - seit zwei Jahren bin ich als Krankenhausseelsorger im Kaiser-Franz-Josef-Spital.


Warum hat es Sie gerade nach Wien verschlagen?


Also das war meine Entscheidung. Ich hab mich schon im Priesterseminar entschieden - wenn es möglich ist - im deutschsprachigen Raum zu arbeiten. Nach Wien bin ich zum ersten Mal 1997 gekommen und damals habe ich mich irgendwie auch in Wien verliebt … und jetzt bin ich da.


Sie haben gesagt, die letzten zwei Jahre haben Sie in der Krankenhausseelsorge gearbeitet. Können Sie uns ein bisschen beschreiben, wie so ein Tag hier aussieht, was Ihre Aufgaben sind?!


Als ich diese Stelle übernommen habe, habe ich mir gedacht, dass ich die Zeit vor allem am Bett der Kranken verbringe. Ich besuche die Kranken und alten Menschen, die sich das wünschen. Aber zu meinen Aufgaben gehören auch die Gottesdienste und die Vorbereitung. Und auch die Administration – aufräumen, bestellen etc. – müssen wir machen. Die Hauptaufgabe bleibt nach wie vor, die Patienten zu besuchen.


Krankheit ist etwas, das viele Menschen gerne ausblenden. Wieso engagieren Sie sich gerade in diesem Bereich der Seelsorge?


Als ich noch in Polen war, habe ich schon ein bisschen im Spital gearbeitet, und ich habe daher schon gewusst, worum es geht. Die Kranken sind ein ganz besonderer Bereich in der Kirche und ich denke, dass wir, wenn jemand krank ist, einen ganz anderen Zugang zur Seele der Menschen haben. Auch Menschen, die sonst gar nichts mit der Kirche zu tun haben, sind in dieser Situation „weicher“. Damit meine ich, dass sie mehr Zeit haben darüber nachzudenken: Warum bin ich krank? Wer hat das zugelassen? Die Frage nach dem Glauben, nach Gott kommt viel, viel öfter vor. Die Menschen sind einfach viel offener und sensibler. Und manchmal hat man Gespräche, die man in dieser Form in einer Pfarre sicher nie gehabt hätte. Die Leute wollen einfach sprechen und dass man ihnen zuhört. Für diese Menschen ist nicht so wichtig, ob jetzt z. B. die katholische oder die evangelische Seelsorge einen Gottesdienst vorbereitet. Das Wichtigste ist: In meiner Situation ist jemand für mich da.


Was glauben Sie, können wir als Pfarrgemeinde tun, um kranke Menschen zu unterstützen?


Das Wichtigste ist das Gebet. Von zehn Personen, die mit mir sprechen, sagen zumindest acht: „Bitte beten Sie auch für mich und meine Familie.“ Das ist eine der häufigsten Bitten. Ich war auch schon selbst im Spital als Patient und ich weiß, wie das Gebet in einer solchen Situation helfen kann. Wenn wir das nicht tun, wer sonst?


Ab 1. September sind Sie als Kaplan in Baumgarten. Wird das dann das Zentrum Ihrer Tätigkeit sein oder haben Sie noch andere Aufgaben?


Also ich werde als Kaplan in St. Anna Baumgarten sein und wir werden sehen, wo ich einsteigen kann. Alle waren auch ohne mich zufrieden (hoffe ich) und kommen gut zurecht …, aber wenn ich schon da bin, sollte ich auch was machen. ;-) Ja, meine Haupttätigkeit wird die Arbeit in der Pfarre sein: liturgische Dienste, Gottesdienste, Seelsorge, Unterstützung der Gruppen …


Wie lange werden Sie voraussichtlich in Baumgarten bleiben?


Momentan bin ich nur für ein Jahr vorgesehen. Das bedeutet nicht, dass ich nicht länger bleibe. Lassen wir uns überraschen …


Haben Sie schon mit dem Herrn Pfarrer besprochen, was Ihre Hauptaufgabenfelder sein werden?


Ein bisschen haben wir schon drüber gesprochen. Der Herr Pfarrer hat mir ein Bild von der Pfarre gezeichnet: Wer wo und wie lange seine Aufgaben hat und wer wofür zuständig ist. Ich habe auch schon gehört, dass die Pfarre sehr gut organisiert ist, deswegen werden wir noch sehen, wo ich konkret einsteigen kann. Was konkret? Das ergibt sich schon im Laufe des Arbeitsjahres.


Was würde Sie besonders interessieren?


Eigentlich alles. Sicher habe ich auch quasi eine Neigung zu den Kranken. Ich gehe ja nicht weg vom Spital, weil ich mich hier unwohl fühle. Die Seelsorge der Kranken bleibt in mir. Musikalisch habe ich auch im Leben sehr viel zu tun gehabt (in den letzten drei Jahren aber leider viel zu wenig). Also Musik ist für mich sehr wichtig. Konzerte, Chöre, musikalische Gestaltung der Messe: das schätze ich sehr. Ich singe auch selbst sehr gerne - ich schaue auch gerne TV-Programme, in denen die Leute singen, wie „Deutschland sucht den Superstar“ oder „Starmania“, da schäme ich mich überhaupt nicht. Ich würde mich freuen, wenn ich auch mit den Jugendlichen arbeiten kann.


Sie sind verglichen mit dem Durchschnitt ein sehr junger Priester. Viele Jugendliche und junge Menschen stehen der Kirche heute sehr skeptisch gegenüber. Was glauben Sie, wie man die wieder zurückgewinnen kann?


Ich weiß es nicht. Obwohl ich in Polen schon viel mit jungen Menschen gearbeitet habe. Ich hab auch im Kindergarten, in der Volksschule und im Gymnasium unterrichtet. Wir haben uns damals auch diese Frage gestellt: Wie könnte man die jungen Menschen für die Kirche gewinnen. Nach meiner Erfahrung kann ich sagen: Für kurze Zeit kann man die jungen Menschen mit Action und Trara gewinnen. Ich kenne da Tricks, aber ich hoffe, dass ich sie nicht verwenden werde. Aber wichtig ist es ja, dass sich die Jugendlichen für längere Zeit und auch, wenn ich weggehe, mit der Kirche identifizieren. Man muss echt sein. Man darf auch nicht übertreiben und z. B. jedes Gespräch mit einem Gebet beenden.

Als ich in Deutschland mit den Ministranten gearbeitet habe, haben wir auch oft einfach gelacht, Eis gegessen, Eishockey geschaut. Aber die Kirche war für uns die Kirche. Es gibt Räumlichkeiten für das Lachen und solche für das Beten. Und die Kirche ist ein Raum zum Beten. Langfristig muss man die Menschen zum Kern der Kirche führen und das ist Jesus. Wenn ich in der Kirche bin, möchte ich mich mit Gott treffen. Da brauche ich kein Theater, das kann ich auch im Fernsehen sehen.


Was wissen Sie denn eigentlich schon von Baumgarten? Eilt uns in negativer oder positiver Weise irgendein Ruf voraus?


Obwohl ich schon 33 bin, gehöre ich zu der Generation, die das Internet nutzt. Ich habe natürlich schon bei Google recherchiert und vieles über das Pfarrteam und die Gruppen gelesen. Aber ich kenne die Leute nicht und das freut mich irgendwie: denn auf diese Weise, wenn man niemanden kennt, kann man ganz locker einsteigen. Man hat keine Vorurteile und es gibt nicht dieses „Mit dem solltest du, mit dem eher nicht …“. Offenheit ist das Wichtigste. Und ich hoffe, dass die Leute meine Sprache verstehen. Die Kirche habe ich schon angeschaut, die gefällt mir. Also vom Gebäude her werde ich mich schon einmal wohlfühlen.


Haben Sie eine besondere Bibelstelle oder ein Motto, das sie durchs Leben begleitet?


Für mein Primizbildchen habe ich den Spruch „Die Liebe Christi drängt uns“ (2 Kor 5, 14) gewählt. Aber was mich in den letzten Jahren begleitet hat, ist der Refrain eines Liedes, das ich in Deutschland oft gesungen habe. Die Worte lauten: „Nimm mich in deine Arme, o Herr, bleibe in unserer Nähe, o Herr. Führ mich mit deiner Liebe, o Herr, drück mich fest an dein Herz.“


Was bedeutet für Sie „Christ sein“?


Sich nicht zu schämen zu sagen, dass ich Christ bin. Weil ich oft auch bei Menschen, mit denen ich in der Pfarre sehr gut zusammengearbeitet habe, gemerkt habe, dass sie nicht in der Öffentlichkeit zeigen wollen, dass sie Christen sind. Ich mache auch im Restaurant vor der Mahlzeit ein Kreuzzeichen. Ich bin so erzogen und ich bin auch davon überzeugt und schäme mich nicht. Es ist wichtig, das „Christ Sein“ zu bezeugen und authentisch zu sein. Und selbst, wenn ich verspottet werde, muss ich sagen: „Ja, ich bin Christ und ich bin davon überzeugt, dass wir uns gegenseitig stärken können durch den Glauben.“


Nun zu Ihnen privat: Was machen Sie gern in Ihrer Freizeit?


Ich habe fast keine Freizeit. Aber ich koche z. B. gerne. Und ich wandere sehr gerne. Deswegen freut es mich auch sehr, dass ich jetzt in der Nähe vom Lainzer Tiergarten wohnen werde. Und wenn ich Berge sehe, das macht mein Herz ganz weich. Und wenn ich dürfte und mich die Pfarre mitnimmt, würde ich auch sehr gerne zu der Wallfahrt im September nach Mariazell mitgehen. Ich fahre auch sehr gerne Rad. Fußball schau ich auch, Fußball spielen hasse ich, weil wir in der Schule einen Lehrer hatten, der immer nur mit uns Fußball gespielt hat. Und da habe ich mir geschworen: Wenn ich älter bin, werde ich nie Fußball spielen. Eishockey – aber auch anschauen und nicht spielen. Klavier spiele ich auch gerne.


Sie haben gesagt, Sie kochen gerne. Stellen Sie sich vor, der Pfarrgemeinderat kocht für Sie und Sie dürfen wählen zwischen Wiener Schnitzel, Kaiserschmarrn und Lasagne. Was suchen Sie sich aus?


Ganz sicher das Schnitzel. Mit Lasagne hab ich schlechte Erfahrungen gemacht und Kaiserschmarrn ist für mich eher eine Nachspeise.


Wenn Ihnen unser Herr Pfarrer drei Monate Urlaub geben würde, wohin würden Sie fahren?


Also ich habe vier Geschwister, ich bin der Jüngste. Eine meiner Schwestern wohnt in Deutschland und die andere in Spanien. Wenn ich die Zeit und das Geld hätte, würde ich sie gerne besuchen. Aber das, was ich mir immer wünsche, ist, dass ich eine Pilgerreise durch Europa mache. Nur mit einem kleinen Rucksack und … viel Hoffnung und Liebe im Herz. Daran denke ich sehr oft.


Eine letzte Frage zum Abschluss: Worauf freuen Sie sich am meisten in Baumgarten?


[lacht] Dass meine Zimmer auf der Westseite sind. Denn ich friere sehr schnell und liebe Wärme. Und wo ich jetzt wohne, hab ich alle Fenster auf der Nordseite. Ich freu mich, dass ich endlich die Sonne im Zimmer sozusagen fast hautnah erleben kann. Aber ich hab auch gehört, dass die Kirche im Winter sehr kalt ist …


Herr Kaplan, vielen Dank für das Gespräch und willkommen in Baumgarten!