Spendenrekord unter gutem Stern

Von 2. bis 6. Jänner 2009 fand in Baumgarten wieder die Dreikönigsaktion statt. Die Sternsinger sammelten heuer besonders für ein Projekt in Uganda und konnten ein Rekordergebnis an Spenden erzielen. Wir haben die Heiligen Drei Könige auf ihrem Weg begleitet.

„Ihr werdt’s auch immer älter“, gibt eine Frau ihren lapidaren Kommentar ab, als sie die Tür öffnet. Und tatsächlich: die verkleideten Mädchen und Buben, die da bei ihr angeläutet haben, sind älteren Semesters. Es sind fünf (ehemalige) Jungschar- und Ministrantengruppenleiter, die am ersten Tag der Dreikönigsaktion (DKA) 2009 bei klirrender Kälte von Haus zu Haus ziehen. „Um das ganze Pfarrgebiet abdecken zu können, haben wir einfach nicht genug Könige“, erklärt Ursina Angel aus dem Vorbereitungsteam das ungewohnte Bild.


„Ihr braucht’s nicht singen“, bekommen die fünf Über-20-Jährigen Sternsinger das eine oder andere Mal zu hören. Und das, obwohl sie ihr Lied sogar extra mit Blockflötenbegleitung einstudiert haben. Doch bei weit unter null Grad sind sie über die verkürzte Darbietung selbst gar nicht so unglücklich. Mit Witzen und dem Schwelgen in Erinnerungen an alte Zeiten halten die tapferen Könige ihre Motivation aufrecht und Kraft schöpfen sie genau wie die Kinder ganz besonders aus den Reaktionen mancher Menschen: „Jö, ich bin so froh, dass ihr da seid’s! Bei uns wart’s ihr schon so lange nicht!“, scheint sich eine Dame ehrlich zu freuen und lauscht gerührt dem Spruch der erwachsenen Sternsinger – fast so, als würden ein paar süße Kinder vor ihr stehen.


Am nächsten Tag dagegen zeigt sich das Pfarrheim von seiner für Anfang Jänner typischen Seite. Kurz vor 15 Uhr trudeln immer mehr Kinder ein und der königliche Lärmpegel steigt merklich. „Kann ich eine schönere Krone?“ „Welches Gebiet haben wir?“ „Die Kassa ist hin!“ „Darf ich mit denen in der Gruppe sein?“ Als der Pfarrheimdienst des Tages mit zahlreichen Fragen wie diesen von Kindern und Begleitern bombardiert wird, sieht man den beiden den Stress ein bisschen an.


Im ganzen Raum türmen sich Gewänder und Dreikönigsprospekte, zusätzliche Kinder kommen ohne Ankündigung und die Kreide muss auch noch gesucht werden. Nachdem alle Könige eingekleidet, Unklarheiten bei der Gruppeneinteilung beseitigt und der Rucksack mit dem Proviant gepackt ist, brechen die ersten Gruppen auf. „Wartet’s auf mich!“, hört man einen sehr jungen König dem Rest seiner Gruppe nachrufen, bevor die Tür des Pfarrheims hinter ihm ins Schloss fällt.


„Gemeinschaft wächst nur dort geschwind, wo Menschen gut zu Menschen sind!“, beendet eine kleine Königin ihren Spruch. „Fertig? Na super habt’s das g’macht!“, bedankt sich nach einer kurzen Verzögerungssekunde eine Frau, aus deren Wohnung es intensiv nach Abendessen riecht.


Für die Sternsingergruppe ist unterdessen nur eine kurze Pause auf den Stiegen möglich, schließlich haben sie noch einen weiten Weg vor sich. Fünf Minuten nehmen sie sich Zeit, um ein paar Schlucke zu trinken und ihre Kostümierungen nachzujustieren. „Geh bitte, mein Umhang rutscht immer runter!“, beklagt sich ein König und fordert damit einen Lachkrampf seiner Kollegen heraus.


Rund 15 Sekunden warten die Könige nach dem Klingeln bei jeder Tür, ob jemand aufmacht. „Schleicht’s euch!“, schreit ihnen diesmal eine Stimme im vierten Stock entgegen. Obwohl die meisten Menschen die Sternsinger sehr freundlich aufnehmen, sind die Mädchen und Buben leider auch mit Situationen wie dieser konfrontiert. „Das ist aber nicht nett! Aber Gott liebt Sie trotzdem!“, ruft eine der Königinnen, die in diesen Weihnachtsferien ein paar Tage für die Hilfe unter gutem Stern hergibt, zurück.


Nach der nächsten Darbietung ist das alles ohnehin vergessen: „… wünschen Caspar …“ „… Malteser …“ „… und Balthasar“, verabschieden sich die vier Kinder und bemerken erst dann mit Gelächter, dass da irgendwas nicht stimmen kann mit den Namen der Weisen aus dem Morgenland. „Sagt’s eurem Begleiter, er soll nicht so faul sein!“, meint eine Dame zu den Kindern, als diese ihr erzählen, dass der Gruppenleiter im Erdgeschoß wartet.


Draußen ist es längst dunkel geworden und die Kälte kriecht den Sternsingern unangenehm unter ihre Umhänge. Erste Ermüdungserscheinungen machen sich bemerkbar. Kein Wunder, sind die vier doch schon beinahe vier Stunden zu Fuß unterwegs. Eine Familie mit kleinen Kindern freut sich besonders über den Besuch der Heiligen Drei Könige.


„Und das ist für euch privat“, sagt der junge Vater lächelnd zu den Kindern, während er ihnen einen zusätzlichen 10-Euro-Schein in die Hand drückt. „Cool, davon gehen sich 25 Pickerl für mein Album aus“, freut sich eines der Kinder später. „Also ich finde, wir sollten das den armen Kindern spenden, die brauchen das dringender als wir“, sagt ein anderer König ganz von allein. „Stimmt!“, meinen die anderen und schon landet auch dieses Geld in der roten Metallkassa.


Ihre Frohe Botschaft von der Nächstenliebe leben die Sternsinger nicht nur durch solche Momente selbst: Einen Gutteil der Schokolade, die sie während ihres Einsatzes geschenkt bekommen haben, spenden die Mädchen und Buben alljährlich den Obdachlosen der „Gruft“. Wie viel sie dabei hergeben, entscheiden sie selbst – der Kofferraum eines großen Autos wird jedes Mal für den Transport benötigt.


Am 6. Jänner, dem eigentlichen Fest der Heiligen Drei Könige – oder Epiphanie, wie es korrekt heißt – haben sich besonders viele Gruppen bereits in der Früh im Pfarrheim versammelt. „Es ist toll, dass so viele Kinder zusätzlich da sind, aber mir fehlt jetzt ein Begleiter“, freut sich die Jungscharpfarrverantwortliche Magdalena Zabl einerseits über die unerwartet große Schar an Königen, die sie andererseits vor weitere organisatorische Herausforderungen stellt.


In der Kirche sind die Christbäume noch immer illuminiert, als sämtliche Sternsingergruppen durch den Mittelgang einziehen. In dieser speziellen Messe segnet Pfarrer Clemens Abrahamowicz die fleißigen Kinder und dankt ihnen für ihren unermüdlichen Einsatz. „85.000 von euch sind es in Österreich“, beeindruckt er mit dieser Zahl, ehe er in der Predigt genau erklärt, was die drei Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe zu bedeuten haben.


„Gott, unser Vater, ist uns treu. Durch Liebe wird die Erde neu“, sagt ein besonders begabter König den einstudierten Spruch ins Mikrofon. Pfarrer Abrahamowicz weist auf das Leid hin, das viele Menschen in anderen Ländern ertragen müssen, und bittet die Messbesucher um ihre Spende für die über 500 Projekte der DKA.


„Für Uganda. Die Menschen dort haben weder sauberes Trinkwasser noch genügend Nahrung und mit dem Geld werden sie darin ausgebildet, sich selbst erhalten zu können“, beantwortet die Begleiterin einer Gruppe die Frage eines Mannes nach dem Spendenzweck. Es sind die letzten zwei Stunden dieser von Jungschar und Ministranten der Pfarre organisierten Dreikönigsaktion. Unbeirrbar stapfen die Kinder durch den frischen Schnee, der heute liegt.


„Darf ich einmal schreiben?“, bittet die jüngste Königin der ganzen Schar – gerade einmal sechs Jahre alt - ihren Begleiter und schnappt sich die Kreide. „Christus mansionem benedicat – Christus segne dieses Haus“, erklärt er den drei Mädchen die Bedeutung des Segensspruches. Dann, um 14 Uhr, ist es endlich geschafft: Zufrieden aber erschöpft machen sich die Sternsinger auf den Weg zurück ins Pfarrheim, wo das Mittagessen schon wartet.


Nachdem sich alle bei Gemüsesuppe und Palatschinken gestärkt haben und die vielen Münzen und Scheine gezählt wurden, bekommt jedes Kind seine eigene Urkunde und seinen eigenen Applaus als Dank für den großartigen Einsatz. „Ihr wart’s super! Durch euren Einsatz können wir viel erreichen!“, freut sich eine Gruppenleiterin. Während die Kinder ihre Süßigkeiten aufteilen, macht sich unter den Begleitern nach und nach das Gerücht breit, dass sich das heurige Spendenergebnis mehr als sehen lassen kann. Dann tritt die Verantwortliche für die Dreikönigsaktion, Miriam Hofinger, vor die versammelte Menge und bittet um Ruhe. „4.817,60 € waren es im letzten Jahr“, startet sie mit einem Vergleich, ehe die Spannung steigt und das Endergebnis 2009 verkündet wird: „Es sind … 8.135 Euro und 1 Cent!“


Im Pfarrsaal bricht ein Jubelapplaus los und tatsächlich: eine Steigerung um rund 70% und das im Jahr der Wirtschaftskrise grenzt an ein kleines Wunder! Den vielen Gruppenleitern und Mädchen und Buben, die für dieses sensationelle Ergebnis verantwortlich sind, gebührt ein großes Dankeschön! „Wer ein Menschenleben rettet, rettet die Welt“, heißt es und so können die Königinnen und Könige an diesem Abend wohl nicht nur aufgrund der Müdigkeit guten Gewissens und schnell einschlafen.