Von 2. – 6. Jänner fand in Baumgarten so wie in fast allen Pfarren Österreichs wieder die Dreikönigsaktion (DKA) statt. Zahlreiche Kinder zogen als Sternsinger verkleidet vier Stunden täglich von Haus zu Haus, um die frohe Botschaft zu verkünden und Geld für die Hilfsprojekte der DKA zu sammeln. Wir haben die jüngste Sternsingergruppe einen Tag lang bei ihrem wertvollen Dienst begleitet.
Sonntag, 6. Jänner 2008. Es ist der letzte Tag der Weihnachtsferien und um 8.30 Uhr in der Früh sind die Straßen in Baumgarten weitgehend wie leergefegt. Ehe am nächsten Tag wieder die Schule und damit der Ernst des Lebens beginnt, nützen wohl vor allem alle Kinder diesen letzten freien Tag, um sich noch einmal so richtig auszuschlafen. Gar nichts von schläfriger Feiertagsruhe wird hingegen bald in der Felbigergasse 96 zu merken sein. Ein Kind wartet sogar schon mit seinem Papa vor dem Pfarrheim, als dieses aufgesperrt wird. Für die 7-jährige Anna ist es heute eine Premiere: Zum ersten Mal wird sie gemeinsam mit ihren beiden Freundinnen aus der Erstkommunionsvorbereitung als Königin verkleidet Spenden sammeln gehen. Ein gewisses Maß an Lampenfieber gehört da wohl dazu.
Im Pfarrsaal kehrt bald reges Treiben ein. Immer mehr Kinder – es sind heuer größtenteils Mädchen – treffen ein und stürzen sofort auf die vollen Kleiderständer zu, auf denen die königlichen Gewänder hängen. Jugendliche und Gruppenleiter, die die Kinder begleiten werden, laufen ebenso aufgeregt kreuz und quer und versuchen zu erfahren, welche Gruppe und welches Gebiet ihnen zugeteilt sind. Für Anna, Chiara und Kathrin, die drei Neuen, läuft noch nicht alles so routiniert. Es ist gar nicht so einfach, einen passenden Umhang zu finden, die meisten Stücke sind eben für ältere Kinder geschnitten. Begleiterin Carina Fibich geht helfend zur Hand und so erstrahlen die drei jungen Königinnen bald in wunderschön glänzenden Sternsingergewändern. Der erste Einsatz beginnt gleich einmal mit Improvisation, denn ein Kind ist ausgefallen. Eines der Mädchen muss also blitzschnell den Spruch des Sternträgers dazulernen. Um auf Nummer sicher zu gehen, klebt sich Anna den Text auf die Rückseite des metallenen Sterns – ein uralter Geheimtrick für stotterfreie Sternsinger. Schnell packt Begleiterin Carina noch Handzettel und Verpflegung für ihre Schützlinge ein, dann ist es auch schon an der Zeit, in die Kirche hinunterzuziehen.
Während der Messe – da Pfarrer Clemens Abrahamowicz erkrankt ist, wird sie von Kaplan Jordan und seiner Assistenz gehalten – haben Anna, Chiara und Kathrin eine ganz besondere Aufgabe. Gemeinsam mit allen anderen Gruppen ziehen sie durch den Mittelgang nach vorne, während ein Sternsingerlied gesungen wird. Dann aber stehen sie ganz allein im Mittelpunkt des Geschehens. Seminarist Stefan Schweiger ruft die drei nach vorne, vorsichtig tragen sie ihre Gaben zur Krippe, in der auch heute ein echtes Baby liegt. Getreu der Überlieferung stellt Anna eine große Kiste vor dem Altar ab und antwortet auf Stefan Schweigers Frage nach dem Inhalt: „Da ist Gold drinnen.“ Chiara schwenkt währenddessen den großen Weihrauchkessel zu Ehren des neugeborenen Kindes und schließlich folgt Kathrin mit einer Flasche Myrrhe. Die drei Königinnen machen ihre Sache sehr würdig und gut, immerhin sind ja auch zahlreiche Augenpaare auf sie gerichtet. Am Schluss des Gottesdienstes tritt DKA-Organisatorin Karin Maier zum Ambo und berichtet von den 500 Projekten, die heuer unterstützt werden. Ein Schwerpunkt liegt diesmal auf Brasilien, wo Bauern enteignet werden und Kinder auf der Straße arbeiten müssen. Schließlich treten noch alle Sternsinger zusammen auf, um ein Lied zu singen, ehe sie wieder feierlich durch den Mittelgang ausziehen und hinten den Menschen ihre Büchsen entgegenstrecken.
„Und wo gehen wir jetzt hin?“, will Chiara nach dem Verlassen der Kirche wissen. Für die drei Mädchen wird es nun ernst, das erste Haus wird betreten und alle stopfen sich in den Lift, um bis zum obersten Stock zu fahren. „Damit wir nicht immer so schnaufen, gehen wir immer von oben nach unten“, erklärt Carina. In diesem Haus wurde der Besuch der Heiligen drei Könige sogar am schwarzen Brett angekündigt, dementsprechend stehen im 4. Stock auch gleich drei Türen offen und aus den Wohnungen schauen die Bewohner erwartungsvoll. „Da ist schon wer!“, flüstert Kathrin ganz aufgeregt, gilt es doch jetzt schneller als erwartet, den auswendig gelernten Spruch das erste Mal im Leben vor fremdem Publikum aufzusagen. Ein bisschen angespannt, aber ohne einen Fehler beginnt Anna: „Die Weisen suchten den Weg in der Nacht, sie sahen das Licht und folgten ihm nach …“ Auch die anderen zwei meistern ihr Debüt mit Bravour und schließlich kommt den dreien ein Lächeln aufs Gesicht. „Also, das habt’s ihr wirklich ganz toll gemacht!“, zollt die Frau in der Wohnung den Kindern Anerkennung und zeigt sich ganz gerührt, dass sie die erste war, die diese Gruppe erleben durfte. Auch die Nachbarin spart nicht mit Lob: „So gut hat das noch nie jemand gemacht, glaubt’s mir’s! Und außerdem seid’s ihr die schönsten Könige!“ „Die wollen doch was Süßes!“, scheint der Ehemann zu ahnen, was die Kinder noch mehr freut als schöne Worte. „Ja, das ist meine Lieblingsschokolade!“, zeigt sich Kathrin mit einem breiten Grinser hocherfreut.
„Sollen wir Ihnen noch den Segen an die Tür schreiben?“, fragt Begleiterin Carina beinahe automatisch. Heute sind nicht nur auffallend viele spendenbereite Leute zuhause, viele wollen auch die Kreidezeichen über ihrem Türstock haben. Flink beginnt sie zu schreiben: „20-C+M+B-08“ „Das steht für Caspar, Melchior und Balthasar“, versucht eine junge Mutter ihrem kleinen Sohn zu erklären. Dass die Abkürzung in Wahrheit für „Christus mansionem benedicat“ (Christus segne dieses Haus) steht, wissen die wenigsten. Kathrin, Anna und Chiara haben das natürlich bei einer der zwei Sternsingerproben erfahren. Doch die drei Mädchen sind längst schon wieder den Gang weitergeflitzt, laut kichernd, wie es sich eben gehört für richtige Sternsinger. Fast könnte man meinen, ein Schalter würde umgelegt, als sie beim Öffnen der nächsten Türe sofort wieder seriös ihr Sprücherl aufsagen. „Wir danken euch für eure Gaben, für die bestimmt, die wenig haben!“, schließen sie wie jedes Mal zu dritt. Sehr viele Leute wollen sich heute mit den entzückenden Königinnen fotografieren lassen. „Das Sternsingen macht ur Spaß!“, lässt Anna, der es sichtlich ganz gut gefällt, so gut anzukommen, uns wissen.
Im nächsten Haus angekommen, sind die Königinnen schon so routiniert, als ob sie seit Jahren sternsingen gehen würden. Gewohnt freundlich werden sie auch hier aufgenommen, Carina Fibichs Rucksack ist inzwischen so vollgestopft mit Süßigkeiten, dass sie eine erdrückende Last zu schleppen hat. Jeder möchte die jungen Verkünderinnen der Frohen Botschaft beschenken. Einmal bekommen die drei sogar echte Myrrhe aus Ägypten zu sehen und dürfen ein Weihrauchfass mit angezündeten Körnern schwenken. Eine andere Frau schenkt den Kindern Buntstifte – eine doch etwas ungewöhnliche Gabe. Man erlebt eben so einiges, das muss auch Carina bald feststellen, als eine Dame mit den Worten „Gebt’s halt der Tante die Sachen zum Tragen“ über sie spricht. Etwas unrund aufgrund dieser Benennung schlägt sie eine Pause vor und das kommt auch Kathrin gelegen: „Ja, mir ist eh schon so heiß. Gibt’s was zu trinken?“ So lassen sich die vier im Stiegenhaus nieder, schlürfen an ihren Saftpackerln und triumphieren damit, wer zuhause die meisten Süßigkeiten an einem Tag essen darf. Gelacht und gekichert wird hier viel. Carina Fibich, die die nächste Ministrantengruppe übernehmen wird, nützt die Zeit für Werbung und fragt die Erstkommunionskinder: „Wollt’s ihr nicht ministrieren kommen und in meiner Gruppe sein?“ „Ja, ich und meine Mama gehen eh jede Woche in die Kirche“, zeigt sich Chiara nicht abgeneigt. Die Chancen scheinen zumindest nicht schlecht zu stehen, sind doch die Kinder und ihre Begleiterin nach drei gemeinsamen Stunden schon ein Herz und eine Seele. „Wenn ich groß bin, möchte ich so werden wie du!“, bekommt Carina von einem der Mädchen zu hören. Erstmals wird die Dreikönigsaktion heuer nicht von der Jungschar allein, sondern auch von den Ministranten mitorganisiert.
Der letzte große Besuch des Tages steht bei Pfarrer Clemens Abrahamowicz an, der das Bett hüten muss. Er freut sich sehr über das unerwartete Eintreffen seiner Erstkommunionskinder und schließt gleich noch ein Vaterunser an das Sternsingerlied an. „Was, schon aus?“, ist Anna ganz enttäuscht, als sie erfährt, dass es schon höchste Zeit ist, zum gemeinsamen Mittagessen ins Pfarrheim zurückzukehren. Während die heimgekehrten Mädchen und Buben aller Gruppen ihre verdienten Palatschinken verdrücken, zählt Jungscharleiterin Karin Maier die vielen Münzen und Scheine. „Es ist schon eine Mörderhack’n, das alles zu organisieren“, wirkt sie nach den fünf Tagen sichtlich erschöpft, „aber es gab keine gröberen Pannen und toll ist es schon, zu wissen, dass wir mit dem Sternsingen so viel zum Besseren verändern können!“ Nachdem alle Kinder und Begleiter mit Urkunde und Geschenk für ihren fleißigen Einsatz bedankt worden sind, steht die DKA-Chefin auf, um feierlich das Endergebnis zu verkünden: „4817 Euro und 66 Cent!“, sagt sie stolz und sofort bricht großer Applaus aus. Für Anna, Chiara und Kathrin, die heute zum ersten Mal sternsingen waren, gibt es nur mehr eines zu tun: den riesigen Berg an Süßigkeiten gerecht untereinander aufzuteilen. Die drei Volksschülerinnen werden heute wohl gut schlafen und können das mit dem ruhigen Gewissen tun, ihren letzten Ferientag äußerst sinnvoll genützt zu haben – für Hilfe unter gutem Stern!